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Die Ersatzbaustoffverordnung – ein dauerhafter Vorteile im Wettbewerb?

Mandantenfrage:

Von einem Tiefbauunternehmen sind Straße und Schienenverkehrswege zu errichten. Dem Unternehmen stehen bei der Kalkulation seines Angebotes unterschiedliche Möglichkeiten im Hinblick auf die benötigten Baustoffe zur Verfügung. Dabei kann und darf insoweit auf neu hergestellte bzw. geförderte Primärbaustoffe oder auf schon einmal eingebaute bzw. durch andere Prozesse entstandene Sekundärbaustoffe zurückgegriffen werden.

Da der Einkauf und die Verwendung von Sekundärbaustoffen für das Tiefbauunternehmen billiger wäre und somit die Möglichkeit auf einen legitimen Wettbewerbsvorteil und ggf. einer höheren Gewinnmarge eröffnet wäre, stellt sich dieses die Frage, ob in Zusammenhang mit den auszuführenden Leistungen denn nun tatsächlich Sekundärbaustoffe – und wenn ja, welche – Verwendung finden könnten.

Weiter besteht die Frage, ob dies auch für auf der Baustelle geförderten Baugrund gilt – dieser also rechtlich nach den Anforderungen der Ersatzbaustoffverordnung (EBV) zu bewerten ist – und ob es, aufgrund der Nähe zu dem Grundwasser, einer wasserrechtlichen Genehmigung für das Einbringen der Ersatzbaustoffe bedarf.

Expertenantwort:

Die Bundesregierung hat nach über 15 Jahren die von allen beteiligten Parteien lange erwartete Mantelverordnung und deren Bestandteile, mithin u.a. die Ersatzbaustoffverordnung erlassen, welche seit deren Inkrafttreten am 01.08.2023 u.a. den Einbau von Boden und Fels in technische Bauwerke regelt.

Im Zuge der Ersatzbaustoffverordnung wird grundsätzlich geregelt, dass ein mineralischer (Ersatz-) Baustoff für den Einbau in technische Bauwerke (bspw. Straßen, Wege, Schienenverkehrswege, Leitungsgräben, Baugruben, etc.) verwendet werden kann. Mithin besteht grundsätzlich die Möglichkeit für das Tiefbauunternehmen einen mineralischen (Ersatz-) Baustoff zu verwenden, um die von diesem im Wettbewerb angebotenen Leistungen zu erfüllen.

Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt: So muss es sich zunächst um einen solchen (Ersatz-) Baustoff handeln, welcher von dem Regelungsumfang der EBV umfasst wird, dieser bestimmte Eigenschaften und eine bestimmte Qualität aufweisen, sowie dieser an der geeigneten Örtlichkeit eingebracht werden. Dabei ist v.a. entscheidend, welche Eigenschaften die Grundwasserdeckschicht ausweist, auf welcher der Ersatzbaustoff aufgebracht werden soll. Mithin ob diese in einem Wasserschutzbereich liegt und ob diese als „ungünstig“, „günstig – Sand“ oder „günstig – Lehm, Schluff, Ton“ zu qualifizieren ist (Anlage 2 zur EBV). Die Eigenschaft als „günstig“ oder „ungünstig“ ergibt sich dabei durch den Abstand zwischen dem Grundwasser und dem untersten Punkt des eingebauten (Ersatz-) Baustoffes (= Grundwasserdeckschicht). Die Qualifikation der Grundwasserdeckschicht iSd. Bodenart ist nach DIN 18196 durch einen fachlich qualifizierte Person zu bestimmen.

Weiß man nun um die Beschaffenheit des potenziellen Einbaugrundes, so muss nun der einzubauende (Ersatz-) Baustoff klassifiziert werden. Dies erfolgt aufgrund einer Beprobung und Analyse des (Ersatz-) Baustoffes, sowie einem Abgleich der daraus erhaltenen Werte mit den festgeschriebenen Materialwerten der EBV in deren Anlage 1. Erfüllt bspw. nach Tabelle 3 der Anlage 1 der EBV das für die Baumaßnahme erforderliche Bodenmaterial und Baggergut die Materialwerte der Qualifikationsebene BM/BG-0 so sind die Einbaumöglichkeiten grds. höher als bei einer Qualifikation als BM/BG-F3. Führt man nun sein Wissen und die Qualifikation des Baugrundes, sowie des (Ersatz-) Baustoffes zusammen, so ergibt sich nach der EBV eine Querschnitt an Möglichkeiten zu dessen Einbau und der Verwendung als Sekundärbaustoff.

Bodenmaterial, welches auf dem Baugrundstück natürlich vorhanden ist, nicht aufgrund menschlicher Handlungen belastet wurde und nicht künstlich eingebracht worden ist, kann insoweit – auch bei einer hohen natürlichen Kontamination – wieder vor Ort eingebracht werden, sofern dadurch keine Aktivierung der enthaltenen Schadstoffe resultiert.

Bei Einhaltung dieser Materialwerte und ordnungsgemäßer Handhabung der entsprechenden Maßnahmen ist generell – ähnlich der BBodSchV – keine wasserrechtliche Erlaubnis, jedoch eine Anzeige bei der entsprechend zuständigen Behörde notwendig.

Handlungsempfehlung:

Auf jeden Fall sollte geprüft werden, ob ein Einsatz von Ersatzbaustoffen sowohl juristisch als auch technisch möglich ist, da dadurch ggf. erhebliche Vorteile in wirtschaftlicher Hinsicht erzielt werden können. Insoweit ist eine qualifizierte Erkundung des Bodens und dessen Bestandteilen zwingend als erster Schritt erforderlich. Denn erst mit Kenntnis um den potenziellen Inhalt des Baugrundes kann abgeschätzt werden, welche Möglichkeiten am zielführendsten und effektivsten ist, mithin ob man sich durch Ersatz von stark geogen kontaminiertem Baugrund durch (Ersatz-) Baustoffe und die damit einhergehende Entsorgungsnotwendigkeit mangels Einbaumöglichkeit dieses Bodens selbst einen schweren wirtschaftlichen Schaden zugefügt hat.

Dabei ist zu beachten, dass unterschiedliche Bodenschichten unterschiedliche Regelungsmechanismen erfahren, bspw. Mutterboden als die oberste Bodenschicht wieder zum gleichen Zweck zu verwenden ist.

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