on on

Unwirksame Klausel zu Sicherheitseinbehalt

Der Fall:

Ein schriftlicher „Bauwerkvertrag nach BGB – vorgelegt vom Bauherrn – bezüglich der Errichtung eines Einfamilienhauses enthielt unter „§ 22 Sicherheitseinbehalt die nachfolgenden Regelungen:

„22.1 Die Parteien vereinbaren – unabhängig von einer Ausfallbürgschaft – den Einbehalt ei­ner unverzinslichen Sicherheitsleistung durch den Auftraggeber in Höhe von 5 % der Brutto-Abrechnungssumme für die Sicherstellung der Gewährleistung einschließlich Schadenersatz und die Erstattung von Überzahlungen.

22.2 Der Auftragnehmer ist berechtigt, den Sicherheitseinbehalt gegen Vorlage einer unbe­fristeten, selbstschuldnerischen und unwiderruflichen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder Versicherung abzulösen, frühestens jedoch nach vollständiger Beseiti­gung der im Abnahmeprotokoll festgestellten Mängel oder fehlender Leistungen.“

Die Bauunternehmung hat den Vertrag am 4. Juni 2013 wegen fehlender Baufreiheit gekündigt so­wie am 17. Juni 2013 eine Schlussrechnung über circa 59.000,00 € gestellt. Der Bauherr kündigte den Vertrag mit Schreiben vom 1. Juli 2013 wegen Schuldnerverzuges. Der Unternehmer erhob Zahlungsklage.

Die Entscheidung:

Erstinstanzlich wurden der Bauunternehmung auf die Werklohnklage – wegen Mängeln sowie auf­grund der Anwendung der Klausel über den Sicherheitseinbehalt – nur circa 14.000,00 € zuge­sprochen. Die Berufung der klagenden Bauunternehmung sowie des Bauherrn sind erfolglos ge­blieben.

Der BGH hat unter Korrektur des Berufungsurteils festgestellt, dass die Klausel zu „§ 22 Sicher­heitseinbehalt“ wegen unangemessener Benachteiligung der Bauunternehmung gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam war. Denn nach jener Vorschrift ist eine formularmäßige Vertragsbe­stimmung unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders (hier des Bauherrn) entge­gen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Der BGH hat dabei nicht nur die Höhe und die Dauer des Einbehalts sondern auch den Regelungszusammen­hang, in dem die Klausel steht, berücksichtigt, hier also die Art, wie der Einbehalt abgelöst werden kann: Nach ständiger Rechtsprechung des BGH benachteiligt – erst recht bei untrennbarer Verknüpfung von Sicherheitseinbehalt und Ablösungsmöglichkeit – eine vom Auftraggeber in allge­meinen Geschäftsbedingungen eines Bauvertrags gestellte Klausel, nach der der Auftraggeber für die Dauer der Gewährleistungsfrist einen Einbehalt zur Sicherung der Gewährleistungsansprüche vornehmen darf, den Auftragnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemes­sen, wenn diesem kein angessener Ausgleich dafür zugestanden wird, dass er, der Auftrag-nehmer, den Werklohn nicht sofort ausgezahlt bekommt, das Bonitätsrisiko für die Dauer der Ge-währleistungsfrist tragen muss und ihm die Liquidität sowie die Verzinsung des Werklohns vorenthalten werden. In der Gesamtschau stellt der BGH also die Unwirksamkeit gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB fest, dies insbesondere deswegen, weil die Ablösung des Sicherheitseinbehaltes unter anderem davon abhängig gemacht wird, dass wesentliche Mängel nicht (mehr) vorhanden sind.

(BGH, Urteil vom 30. März 2017 – Az.: VII ZR 170/16)

Anfrage stellen

  • Hidden
  • Die mit * gekennzeichneten Felder sind Pflichtfelder
  • Dieses Feld dient zur Validierung und sollte nicht verändert werden.

Weitere Fachartikel im selben Themenfeld

Unsere Baurecht-Experten zu den Themengebieten des Beitrags

Fachanwalt für Baurecht und Architektenrecht und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein (ARGE Baurecht) und im Deutschen Baugerichtstag. Spezialisiert auf privates Baurecht und insbesondere [...]
Mitgliedschaften: Deutscher Baugerichtstag, ARGE Baurecht im Deutschen Anwaltverein, Institut für Baurecht Freiburg, Deutsche Gesellschaft für Baurecht, Centrum für Baugrund- & Tiefbaurecht (CBTR) Tätigkeitsschwerpunkte: Prozessführung und baubegleitende Rechtsberatung für Bauunternehmen [...]
Fachanwältin für Baurecht und Architektenrecht Fachanwältin für Miet- und WEG-Recht KAPPES & KOLLEGEN Immobilien und mehr – Ihr Recht in guten Händen! Nutzen Sie unser vielfältiges Beratungspotenzial und unsere jahrzehntelange Erfahrung, um Ihre Angelegenheit kompetent vertreten zu [...]
Herr Rechtsanwalt Henrik Osmers bearbeitet vornehmlich Mandate auf den Fachgebieten des öffentlichen Bau- und Planungsrechts, des Rechts der erneuerbaren Energien, des privaten Bau- und Architektenrechts, des Grundstücks- und Immobilienrechts, des Erbbaurechts, des Maklerrechts, des [...]
Dipl.-Bauingenieur Fachanwalt für Baurecht und Architektenrecht Fachgebiete: Immobilienrecht, Maklerrecht, Wohnungseigentumsrecht, insbesondere öffentliches und privates Bau- und Mietrecht. Mitgliedschaften: Deutsche Anwalt Verein, ARGE Baurecht. – Kontaktieren Sie jetzt Hubert Knoll [...]
Rechtsanwalt Heiko Völkel ist seit 1993 in Berlin als Rechtsanwalt niedergelassen. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind vor allem das private Baurecht, Architektenrecht und das Grundstücksrecht. Rechtsanwalt Völkel ist Mitglied der ARGE Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein. – [...]
STURMBERG Rechtsanwälte ist seit Januar 2008 der neue Name der überörtlichen Vorgängersozietät JSM Rechtsanwälte, die vor 20 Jahren gegründet wurde. Alle Anwälte verfügen über langjährige praktische Erfahrung: Heide Mantscheff ist bereits seit den 1970er Jahren, als es noch nicht [...]
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht Mitgliedschaften: Seit 1995 Mitglied der ARGE Bau- und Immobilienrecht Deutscher Anwaltsverein und Anwaltsverein Kempten Wir bieten Ihnen qualifizierte Beratung und auch Vertretung in folgenden Bereichen: Ziviles Baurecht: •Prüfung, Entwerfen und [...]

Passende Glossarbeiträge im selben Themenkreis

Bauprozessrecht

Bauprozessrecht

Der Anwalt für Bauprozessrecht ist in der Regel Fachanwalt für Baurecht und Architektenrecht und in der Lage, auch einen umfangreichen Bauprozess in der Regel viele Jahre – die Befassung mit einem Fall über einen Zeitraum von mehr als 15 Jahren ist keine Ausnahme – bis zur endgültigen [...]

Weiterlesen