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Wer trägt das Risiko eines verzögerten Zuschlags?

Immer wieder beschäftigen sich die Gerichte mit folgender Situation:

Bei einem Öffentlichen Auftrag kommt es zu Verzögerungen beim Zuschlag, weil ein Mitbieter die Vergabeentscheidung des Auftraggebers von der Vergabekammer nachprüfen lässt. Der günstigsten Bieter erklärt sich zwar mit der hierdurch notwendigen Verlängerung der Zuschlagsfrist einverstanden, verlangt aber später die Mehrkosten, die ihm durch die verzögerte Ausführung der Bauleistung entstehen.

Schon in seinem Urteil vom 11.5.2009 (AZ: VII ZR 11/08; Baurechts-Report 2009, Seite 17) hat der BGH erklärt, dass hier grundsätzlich der Auftraggeber das Verzögerungsrisiko trägt, dem Auftragnehmer also die durch die Verzögerung entstandenen Mehrkosten bezahlen muss. Von diesen Grundsätzen kann es aber Ausnahmen geben.

In einer neuen Entscheidung vom 27.7.2010 (AZ: VII ZR 129/09; zum Redaktionsschluss nur als Pressemitteilung vorliegend) hat nun der BGH folgenden Sachverhalt entschieden:

Der Auftragnehmer stimmt der Bitte des Auftraggebers auf Verlängerung der Zuschlagsfrist bis zum 17.11.2003 zu und bestätigt, sich bis zum 31.12.2003 an sein Angebot zu halten. Im Zuschlagsschreiben des Auftraggebers vom 10.11.2003 legt dieser einen neuen Termin für den Baubeginn fest und schreibt: „Wie bereits besprochen, sind beide Bauabschnitte im Jahr 2004 durchzuführen“.

Der Auftragnehmer hält sich an diese neue Frist, ohne einen Vorbehalt wegen der durch die Verzögerung entstehenden Mehrkosten zu machen.

Nach Ansicht der Vorinstanz (OLG Celle vom 17.6.2009 – AZ: 14 U 62/08 -) hat in diesem Fall der Auftragnehmer keine Ersatzansprüche. Mit der Festlegung eines neuen Baubeginns habe der Auftraggeber das ursprüngliche Angebot des Auftragnehmers abgelehnt und ein neues Angebot (mit neuen Ausführungsfristen) abgegeben. Dieses neue Angebot habe der Auftragnehmer vorbehaltlos angenommen und könne auch deshalb keine Mehrkosten fordern.

Im Gegensatz zu dieser Entscheidung sieht der BGH in der Erwähnung der neuen Bauzeit bei der „gebotenen vergaberechtskonformen Auslegung“ nicht ein abänderndes neues Angebot, sondern lediglich einen „Hinweis auf die danach notwendige Einigung der Parteien über eine neue Bauzeit“. Weil somit das ursprüngliche Angebot des Auftragnehmers nicht modifiziert worden sei, bleibe es bei den schon erwähnten Grundsätzen des BGH-Urteils vom 11. Mai 2009. Somit stehen dem Auftragnehmer die durch die Zuschlagsverzögerung entstandenen Mehrkosten zu.

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