Der Fall:
Der Auftraggeber hat als Verbraucher am 26. März 2015 in seinem Fahrzeug durch Aushändigung des von ihm teilweise ausgefüllten und unterzeichneten Formulars „Raumbuch Wohnen / Vorplanungsbeauftragung“ an den Architekten ein bindendes Angebot abgegeben. Da der Auftraggeber mit den bis dahin erbrachten Leistungen des Architekten in den Leistungsphasen 1 und 2 nicht zufrieden war, hat er mit Schreiben vom 1. Juni 2015 fristgerecht den Architektenvertrag widerrufen. Der Architekt hat dem Auftraggeber gegenüber seine Leistungen abgerechnet. Der Auftraggeber hat eingewendet, nach Widerruf des Architektenvertrages nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein. Der Architekt hat entgegengehalten, dass die Vorschriften über den Widerruf von Verbraucherverträgen keine Anwendung fänden; Architektenverträge seien als „Verträge über den Bau von neuen Gebäuden“ gemäß § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB und vom Anwendungsbereich der Widerrufsvorschriften ausgenommen. Er hat daher den Auftraggeber auf Zahlung verklagt. Nach landgerichtlicher Abweisung der Klage hat der Architekt Berufung eingelegt.
Die Entscheidung:
Zunächst hat das Oberlandesgericht festgestellt, dass der durch den Architekten bemühte Ausnahmetatbestand des § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB über „Verträge über den Bau von neuen Gebäuden“ auf Architektenverträge nicht anwendbar sei; denn vor dem europarechtlichen Hintergrund dieser Vorschrift müsste das genannte Merkmal eng ausgelegt werden, weshalb nur Verträge über den „Bau aus einer Hand“, nicht aber Verträge über Planungsleistungen gemeint seien.
Folglich stehe dem Auftraggeber als Verbraucher das Widerrufsrecht „bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen“ zu. Zwar sei der Vertrag – entgegen § 312 b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB – nicht „bei gleichzeitiger Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers“ außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen worden; denn indem der Auftraggeber dem Architekten in seinem Fahrzeug das ausgefüllte und eigenhändig unterschriebene Formular aushändigte, habe er lediglich als Verbraucher das Angebot auf Abschluss des Vertrags unter diesen Umständen abgegeben. Nach dem Wortlaut von § 312 Buchst. b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ist dies gemäß richtiger Auffassung des Oberlandesgerichts gleichfalls ausreichend für ein Widerrufsrecht, selbst dann, wenn der Architekt das Angebot erst später in seinen Geschäftsräumen unter Abwesenheit des Auftraggebers angenommen haben sollte.
Mangels Belehrung über die 14-tägige Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 BGB wäre das Widerrufsrecht gemäß § 356 Abs. 3 S. 1 BGB erst ein Jahr und 14 Tage nach Vertragsschluss erloschen.
Infolge des wirksamen Widerrufs ist der Auftraggeber nicht zur Zahlung von Architektenhonorar verpflichtet. Zugleich scheitert ein Wertersatzanspruch nach § 357 Abs. 8 BGB daran, dass der Auftraggeber als Verbraucher nicht nach Art. 246 a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 3 EGBGB über die Bedingungen, Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts etc. informiert wurde.
Mangels Erfolgsaussichten der Berufung hat das Oberlandesgericht nach entsprechenden Hinweis gemäß § 542 Abs. 2 ZPO entschieden.
Anmerkung:
Die Widerrufsrechte von Verbrauchern bleiben auch nach Inkrafttreten des neuen Bauvertragsrechts mit Wirkung ab dem 1. Januar 2018 bestehen. Allerdings wird die vom Oberlandesgericht diskutierte Frage nach der Einschlägigkeit des Ausnahmetatbestands in § 312 Abs. 2 Nr. 3 BGB für Architektenverträge durch den Gesetzgeber dann zulasten des Architekten entschieden: Künftig werden nur noch „Verbraucherbauverträge“ nach § 650 i Abs. 1 BGB vom Anwendungsbereich der Widerrufsvorschriften ausgenommen, § 650 l BGB.
Aber Achtung: Verbraucher sollten bedenken, dass sie die Planung eines Architekten nach einem Widerruf nicht nutzen dürfen, weshalb das Recht nur bei einer unverwertbaren Planung ausgeübt werden sollte. Für Architekten bedeutet diese Rechtsprechung, dass sie auf eine schriftliche Beauftragung durch ihre Bauherren drängen sollten; denn im Rahmen eines schriftlichen Vertrages sind ordnungsgemäße Widerrufsbelehrungen ohne weiteres möglich.
(OLG Köln, Beschluss vom 23. März 2017 – Az.: 16 U 153/16)