In den vergangenen Jahren wurde in den Medien mehrfach von besonders dramatisch verlaufenden Brandereignissen an WDVS berichtet. Besonders im Gedächtnis ist der Fall des im Umbau befindlichen Studentenwohnheims in Frankfurt am Main im Jahr 2012 geblieben, bei dem das Fassadendämmsystem durch auf der Baustelle gelagertes und durch ungeklärte Umstände in Brand geratenes Dämmmaterial entzündet und zerstört wurde. Besonders bedenklich in diesem Fall war, dass das auf der Brandseite zu großen Teilen fertig armierte, teilweise komplett fertiggestellte Dämmsystem eine sehr schnelle Brandausbreitung erfahren hatte.
Obgleich solch extrem verlaufende Brandausbreitungen an gedämmten Fassaden im Verhältnis zur jährlichen Gesamtmenge an Bränden (durchschnittlich 180 000 Brände [1]) als Einzelfälle betrachtet werden können, hat sich die Bauministerkonferenz mit dieser Problematik befasst und bestätigt, dass WDVS mit Polystyrol-Dämmstoffen sicher sind [2]. Der zusätzlich initiierte Forschungsauftrag mit Beteiligung von Vertretern der Feuerwehren hatte im Ergebnis sowohl Empfehlungen zur Sicherstellung der Schutzwirkung für bestehende WDVS mit EPS, als auch konstruktive Vorgaben für zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung des Brandschutzes bei Neubau und Modernisierungen von Fassaden.
Die Empfehlungen für bestehende WDVS lassen sich schnell umreißen:
1. Regelmäßige Kontrolle der gesamten Fassade auf Beschädigungen und zeitnahe und fachgerechte Beseitigung solcher (Instandhaltung des Wärmedämmverbundsystems)
2. Brennbare Materialien sollten nur mit einem Mindestabstand von drei Metern zur Fassade gelagert werden.
3. Direkt am Gebäude aufgestellte Mülltonnen aus Kunststoff sollten eine nicht brennbare Einhausung erhalten.
Die Vorgaben für neue WDVS fallen dagegen umfangreicher aus. Hier müssen nun außer den schon bisher durch die allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen (abZ) vorgegebenen Brandriegeln zusätzlich weitere eingebaut werden um das WDVS insbesondere vor Brandeinwirkungen von außen zu schützen. So ist nun im Sockelbereich (bei einer maximalen Höhe von 0,90 m), über dem 1. Geschoss (bei einer maximalen Höhe von 3,00 m), über dem 3. Geschoss (bei einer maximalen Höhe von 8,00 m) und unterhalb des Dachanschlusses (maximal 1,00 m) unter angrenzenden brennbaren Bauprodukten) jeweils ein zusätzlicher Brandriegel anzubringen. Für Dämmungen mit mehr als 300 mm Dicke gelten außerdem noch besondere Vorgaben.
Bei neu zu erteilenden Zulassungen werden diese Vorgaben zukünftig berücksichtigt werden. Art und Umfang der neuen Vorgaben richten sich nach der Dämmstoffdicke (bis 300 mm oder 300 mm bis maximal 400 mm), nach Befestigungsart (Verklebung/Dübelung, Schienenbefestigung) und nach dem Untergrund (Putz, Mauerwerk oder bestehendes Alt-WDVS).
Die Brandriegel müssen folgende Anforderungen erfüllen:
- Höhe ≥ 200 mm,
- nichtbrennbare Mineralwolle-Lamellenstreifen
- mit mineralischem Klebemörtel vollflächig angeklebt und
- zusätzlich mit WDVS-Dübeln angedübelt,
- Verdübelung mit zugelassenen WDVS-Dübeln mit einem Abstand von maximal 45 cm.
Weiterhin ist zu beachten, dass von der Unterkante des WDVS bis mindestens auf Höhe des 3. Brandriegels (Decke 3. OG) die Mindestdicke des Putzsystems (Oberputz und Unterputz) 4 mm (für WDVS bis 300 mm) betragen muss. Darüber hinaus sind im DIBt –Newsletter 3/2015 noch weitere technische Details aufgeführt.
Was bedeutet das für Bauherren, Planer und Bauleistende?
Das DIBt hat die neuen Vorgaben erstmals Anfang März im Newsletter 01/2015 und dann mit Modifikationen im Juli 2015 veröffentlicht. Ab dem 01.01.2016 sind diese dann in Kraft getreten und zwingend umzusetzen.
Ab dem Inkrafttreten der neuen Vorgaben müssen WDVS zum Zeitpunkt des Einbaus des Systems diesen entsprechen. Das bedeutet, dass auch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens laufende Bauvorhaben betroffen sind, da zwischen Planung und Durchführung der Fassadenarbeiten in der Regel längere Zeiträume vergehen. Das DIBT hat jedoch auch angekündigt, dass „innerhalb einer gewissen Bandbreite“ … „ein bauaufsichtlicher Spielraum bestehen“ wird „ um nicht beabsichtigte Härten zu vermeiden.“ [4]
Die positive Nachricht ist, dass nach Auffassung des DIBt diese ertüchtigenden Maßnahmen keine wesentlichen Abweichungen von den bisher geltenden Zulassungsbescheiden (sofern diese noch nicht angepasst wurden) darstellen.
Eine weitere beruhigende Nachricht für Bauherren und Bauausführende ist, dass bei Instandsetzungsarbeiten an einem bestehenden WDVS und bei Mangelbeseitigungsarbeiten an einem vor dem Stichtag hergestellten WDVS, die neuen, zusätzlichen konstruktiven Brandschutzmaßnahmen nicht nachgerüstet werden müssen [4].
Obgleich nach den Vorgaben der Länderbauordnungen für die Gebäudeklassen 1 – 3 (z. B. Einfamilienhäuser etc.) normal entflammbare Fassadendämmungen verwendet werden dürfen, sind dort bei Verwendung eine Dämmsystems mit EPS ebenfalls die zusätzlichen Brandriegel anzubringen. Begründet wird dies damit, dass EPS-Dämmsysteme als schwer entflammbar ausgelobt sind und diese Eigenschaft nur mit Hilfe dieser zusätzlichen Maßnahmen erzielen.
Fest steht, dass für die zusätzlichen Maßnahmen mit deutlichen Mehrkosten bei der Herstellung von Fassadendämmungen gerechnet werden muss.
Quellen:
[1] www.statista.com
[2] Deutsches Institut für Bautechnik – Newsletter 1/2015 (02.03.2015) und 3/2015 (21.07.2015)
[3] WDVSysteme – Technische Systeminfo 6 – Brandschutz –
Fachverband Wärmedämm-Verbundsysteme e.V.
[4] FAQs zu EPS-WDVS – Deutsches Institut für Bautechnik