Anlässlich der Badenweiler Gespräche, einer Veranstaltung des Forum Vergabe, erläuterte Herr Dr. Eick, Richter des VII. Zivilrechtssenats des Bundesgerichtshofes, die Entscheidung des BGH vom 11.05.2009 zum Mehrvergütungsanspruch bei Terminverschiebungen aufgrund verzögerter Zuschlagserteilung. Er wies daraufhin, dass der BGH bisher lediglich über die folgende Fallkonstellation entschieden hat:
Der Auftraggeber hat eine Beginn- und eine Fertigstellungsfrist in dem Vertrag vorgesehen. Der Bieter hat seine Zustimmung zur Verlängerung der Bindefrist gegeben, ohne dass er oder der Auftraggeber damit Änderungen oder Forderungen verbunden haben. Die Ausführungszeit verschiebt sich aufgrund von Vergabenachprüfungsverfahren. In diesem Fall besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf Mehrvergütung. Dabei muss der Auftragnehmer allerdings nachweisen, dass und welche Mehrkosten ihm tatsächlich entstanden sind.
Weitere Fallkonstellationen sind gegenwärtig beim BGH anhängig. Ob diese Fallkonstellationen – etwa der Fall, dass keine Ausführungsfristen durch Datum bestimmt worden sind, sondern lediglich ein Ausführungszeitraum im Vertrag festgelegt wurde – genauso zu behandeln sind, wie der vom BGH entschiedene Fall, ist gegenwärtig vollkommen offen.
Ebenso offen ist die genaue Begründung des BGH für seine Entscheidung, denn das Urteil liegt noch nicht in gedruckter Fassung vor. Aus der hinlänglich bekannten Pressemitteilung lässt sich lediglich ansatzweise entnehmen, was den BGH zu seiner Entscheidung bewogen hat und das offensichtlich ein sogenanntes „obiter dictum“ (nebenbei Gesagtes) ausgesprochen wurde.
Von einem „obiter dictum“ spricht der Jurist, wenn ein Gericht sich zu einer Fallkonstellation geäußert hat, die nicht dem Sachverhalt entspricht, über den zu entscheiden war. In der Entscheidung hat der BGH als obiter dictum mitgeteilt, dass er zu dem gleichen Ergebnis kommen würde, wenn der Unternehmer anlässlich der Verlängerung der Bindefrist bereits angekündigt hätte, dass er im Falle der Terminverschiebung Mehrkosten geltend mache.
Und – so Dr. Eick – die Veränderung der Vergütung bei verzögertem Zuschlag ist keine Einbahnstraße, auch der öffentliche Auftraggeber kann Ansprüche geltend machen und zwar auf Herabsetzung der vertraglich vereinbarten Vergütung.
Wie auch immer die Begründung des BGH im Einzelnen aussieht, eines ist klar:
Der öffentliche Auftraggeber wird reagieren und versuchen sich vor den Mehrkosten zu schützen. Der Unternehmer sollte sich deshalb genau überlegen, wie er im Falle des Ersuchens einer Bindefristverlängerung reagiert. Nicht jede Reaktion wird das Vertrauen auf Mehrvergütung begründen können.