Übersteigt bei einem öffentlichen Auftrag der Auftragswert den so genannten EU-Schwellenwert, wie er in § 2 der Vergabeverordnung vom 7. Juni 2010 festgesetzt ist, so ist die Leistung europaweit auszuschreiben. Dabei bestimmt der § 3 Abs. 2 der Vergabeverordnung, dass „der Wert eines beabsichtigten Auftrags nicht in der Absicht geschätzt oder aufgeteilt werden darf, den Auftrag der Anwendung dieser Verordnung zu entziehen“.
Der Europäische Gerichtshof hatte mit Urteil vom 15.3.2012 –Rs.C 574/10 – folgenden Fall zu entscheiden:
Zur Sanierung eines öffentlichen Gebäudes teilte eine Gemeinde die Architektenleistungen in mehrere Teilaufträge und über mehrere Jahre auf. Die einzelnen Teilaufträge haben zwar nicht für sich, jedoch in der Summe den EU-Auftragswert überschritten. Die Gemeinde führte für die einzelnen Teilaufträge keine europaweite Ausschreibung durch Die Gemeinde begründete diese Vergabepraxis damit, dass sie aufgrund der unsicheren Finanzierung nur immer Teilaufträge vergeben könne und hierfür auch keine europaweite Ausschreibung durchführen müsse, weil die einzelnen Aufträge unterhalb der EU-Schwelle gelegen hätten. Die EU-Kommission sah hierin einen Verstoß gegen die EU-Richtlinien.
Mit der genannten Entscheidung teilt der Europäische Gerichtshof diese Meinung und gab somit der Klage der EU-Kommission statt, weil die fraglichen Architektenleistungen „einen einheitlichen Dienstleistungsauftrag bildeten, der angesichts seines Gesamtwerts, der den Schwellenwert für die Anwendung der Richtlinie 2004/18 auf öffentliche Dienstleistungsaufträge überschreitet, nach den Vorschriften dieser Richtlinie vergeben werden musste“.