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Mithaftung des Versicherten bei Wassereinbruch

Eine Bauleistungsversicherung ist für den Fall gedacht, dass eine Bauleistung durch höhere Gewalt oder ein unabwendbares Ereignis untergeht oder beschädigt wird. Dabei liegen einer solchen Versicherung in der Regel die „Allgemeinen Bedingungen für die Bauleistungsversicherung durch Auftraggeber (ABN)“ in ihrer jeweils gültigen Fassung zugrunde.

In einem vom Oberlandesgericht Hamm (AZ: Urteil vom 21.10.2011 – 20 U 41/11) entschiedenen Fall kam es bei der Durchführung einer großen Baumaßnahme durch ein schweres Unwetter zu Wasserschäden an der Bauleistung. Der versicherte Auftraggeber nahm hierfür die Bauleistungsversicherung in Anspruch. Die Versicherung lehnte den Anspruch ab und berief sich hierzu auf der vereinbarten ABN 2008, in denen es heißt:

„Versicherte Gefahren und Schäden

Der Versicherer leistet Entschädigung für unvorhergesehen eintretende Beschädigungen oder Zerstörungen von versicherten Sachen (Sachschaden).

Unvorhergesehen sind Schäden, die der Auftraggeber oder die beauftragten Unternehmen oder deren Repräsentanten weder rechtzeitig vorhergesehen haben, noch mit dem jeweils erforderlichen Fachwissen hätten vorhersehen können, wobei nur grobe Fahrlässigkeit schadet und diese den Versicherer dazu berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen.“
In § 2 Nr. 4 ABN 2008 heißt es u.a.:

„Nicht versicherte Gefahren und Schäden

Der Versicherer leistet ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen keine Entschädigung für Schäden
a) (…)
b) durch normale Witterungseinflüsse, mit denen wegen der Jahreszeit und der örtlichen Verhältnisse gerechnet werden muss; (…)
c) (…)
d) durch nicht einsatzbereite oder ausreichend redundante Anlagen zur Wasserhaltung; redundant sind die Anlagen, wenn sie die Funktion einer ausgefallenen Anlage ohne zeitliche Verzögerung übernehmen können und über eine unabhängige Energieversorgung verfügen;“

Das Oberlandesgericht Hamm bejahte eine Mithaftung des Versicherten und stellte hierzu folgende Leitsätze auf:
1. Fällt bei einem schweren Unwetter eine Pumpenanlage aus, die Oberflächenwasser unterhalb des Geländeniveaus abpumpen soll und nur über Baustrom gesichert ist und kommt es dadurch zu einem Wassereinbruch in einer nahezu fertig gestellten Turnhalle, dann hätten die eingetretenen Schäden mit dem erforderlichen Fachwissen vorausgesehen werden können (§ 2 Nr. 1 ABN 2008). Der Versicherer ist in diesem Fall zu einer Leistungskürzung wegen grober Fahrlässigkeit zu 50% berechtigt.
2. Redundante Anlagen zur Wasserhaltung i.S.d. § 2 Nr. 4 lit. d ABN 2008 sind nur solange einsatzbereit zu halten, wie eine Baugrube besteht. Eine nahezu fertig gestellte Turnhalle, deren Eingangs- und Hallenbereich unterhalb des übrigen Geländeniveaus liegt, wird von dieser Klausel nicht erfasst.

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