Mandantenanfrage:
Für unser Bauunternehmen (30 Mitarbeiter, überwiegend im Rohbau tätig) muss ich hin und wieder Streitigkeiten lösen. Das Betreiben dieser Prozesse kostet eine Menge Zeit und wir fragen uns, ab welcher Streitsumme es sich überhaupt lohnt, unsere Forderungen und Nachträge gerichtlich einzutreiben. Gerade dann, wenn von der anderen Seite Mängeleinwände oder ähnliches geltend gemacht werden, wird es erfahrungsgemäß zäh und teuer. In der Regel steht dann am Ende ja sowieso ein Vergleich an, weil allen Beteiligten die Luft ausgeht. Sollte man dann nicht gleich eine Mediation oder eine Schlichtung anpeilen?
Expertenantwort:
Ihr Verdacht, dass sich ein Prozess nicht immer lohnt, ist berechtigt. Eine neue Studie von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Matthias Sundermeier an der TU Berlin über Effizienzvorteile von ADR-Verfahren in Bau- und Immobilienkonflikten (vorgestellt auf dem 9. Kongress Konflikt-management in der Bau- und Immobilienwirtschaft am 29. März 2019 in Berlin) kommt zu dem Ergebnis, dass es sich selbst bei Streitwerten von 50.000 Euro oft nicht lohnt, ein gerichtliches Verfahren zu betreiben. Gerichtsgebühren, Anwaltskosten und Honorare für Sachverständige im Prozess oder außerhalb sind schon erheblich. Dazu kommen die sogenannten Transaktionskosten, das heißt besonders die eigenen Kosten der Parteien für die Verfahrensvorbereitung und – begleitung. Hinzu kommt der Nutzenentgang durch den unproduktiven Einsatz von Arbeitskräften. In der Praxis werden Bauprozesse vor staatlichen Gerichten zu Recht auch als zu langwierig, zu teuer, zu ressourcenaufwändig und zu wenig prognosesicher eingeschätzt.
Die Technische Universität hat dazu einen Kostenrechner „Bausachen“ entwickelt, der auch die Zeiten für Prozessvorbereitung und Dauer mit einbezieht, um Transaktions- und Opportunitätskosten berücksichtigen zu können. Was dabei herauskommt, ist bemerkenswert: bei einer Klagesumme von zum Beispiel 40.000 Euro ist selbst bei einem teilweisen Obsiegen der Gesamtaufwand für den Prozess deutlich höher, als was dabei für den Kläger herauskommt. Ziel eines Unternehmens kann es dann aber nicht sein, einen Prozess zu gewinnen, sondern das Augenmerk sollte darauf liegen, Risiken und Verluste zu minimieren und den betrieblichen Profit zu maximieren.
Handlungsempfehlung:
Ich empfehle, eine alternative Konfliktlösungsstrategie zu prüfen, bevor Sie die Sache aus der Hand und sich damit in die Verlustzone begeben. Dafür bietet sich Mediation an, weil die Parteien in diesem Verfahren die Entscheidung nicht aus der Hand geben, sondern mit Hilfe des Mediators eine eigene, meistens nachhaltigere Lösung für den Konflikt finden können. Außerdem ist ein solches Verfahren kostengünstiger und auch deutlich schneller.
Dr. Sabine Renken, M.A., Rechtsanwältin & Mediatorin, BUSE HEBERER FROMM PartG mbB, Hamburg