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Projektbegleitende Mediation bei der Planung und Entwicklung von Immobilien

Anwendungsbereiche der Mediation in der Immobilienwirtschaft ergeben sich aus dem Entwicklungsprozess einer Immobilie. Auf allen Entwicklungsstufen sind Konflikte denkbar, die mithilfe der Mediation einer Lösung zugeführt werden können.

Mediation im öffentlichen Bereich

Auf dem wichtigen Gebiet des Bauleitplanungsverfahrens kann die Immobilienwirtschaft die Mediation fruchtbar machen. Die Vorbereitung und Durchführung von Verfahrensschritten kann die Gemeinde insbesondere zur Beschleunigung des Bauleitplanverfahrens gemäß §§ 2 a – 4 a BGB einem Dritten, d. h. einem Mediator übertragen. Hier sollten Projektentwickler und Investoren zukünftig im eigenen Interesse mehr Offenheit zeigen. Die bisherige Praxis hat sich in der Öffentlichkeit den vom Planobjekt betroffenen Bürgern als unzureichend dargestellt, weil sie sich und ihre Argumente nicht ernstgenommen fühlen.

Aufgabe der Kommune ist es, bei planungsrechtlichen Verfahren die öffentlichen und privaten Interessen gegeneinander und untereinander abzuwägen. Das Stadtplanungsamt hat die unterschiedlichen Interessenlagen, wie sie sich aus der Sicht des Investors, der Nachbarkommune, der Einzelhändler der Stadt, der angrenzenden Nachbarn etc. darstellen,  zu berücksichtigen. Bei der Abwägung der Interessen ist selbstverständlich das oft erhebliche Eigeninteresse der Kommune an der Verwirklichung des Objekts vom Stadtplaner einzubeziehen, das sich aus einer höheren Wirtschaftlichkeit oder einer Vergrößerung der Attraktivität der Stadt ergeben kann. Wenn im Zuge von Vorplanungen und vor einem offiziellen Planungsverfahren z. B. für Einkaufszentren die schon absehbaren unterschiedlichen Interessen im Wege einer Mediation Gehör finden können, ist ein für alle Betroffenen zufriedenstellendes Ergebnis eher zu erreichen, als wenn bereits konkretisierte Planungsabsichten im Wege einer Planänderung nachträglich den Bedürfnissen angepasst werden sollen. Ein rechtzeitiges Mediationsverfahren kann somit der Entstehung eines Konflikts vorbeugen oder, soweit ein Konflikt bereits entstanden ist, kann eine Mediation die Folgen eines Konflikts durch den frühzeitigen Versuch einer Konfliktlösung  (frühzeitige Anhörung der Öffentlichkeit) eindämmen.

Der Vorteil der Mediation besteht darin, dass der Mediator als Katalysator für die verschiedensten Interessen dienen kann. Er kann Befürchtungen und Ängste zerstreuen, da er selbst neutral und allparteilich ist. Dagegen wird der Stadtplaner, dessen Aufgabe es ist, politische Aufträge umzusetzen, oftmals von den verschiedenen Interessenvertretern als interessenverstrickt und als im Lager der Kommune stehend empfunden, auch wenn er rechtlich gebunden ist, eine fehlerfreie Abwägung vorzunehmen.

Als Zeitpunkt für eine Mediation, z. B. bei geplanten Einkaufszentren und deren Erweiterung bietet sich bereits das Stadium vor Einleitung des planungsrechtlichen Verfahrens an, wenn Politik, Verwaltung und Investor nicht schon ihre Vorverhandlungen in Verträgen festgeschrieben haben. Spätestens aber kann die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit für eine Mediation genutzt werden. Ideen können entwickelt werden, die beim späteren Abwägungsvorgang nicht entstehen können.

Da in einem Mediationsverfahren die Entscheidungsprozesse transparent werden, sind auf diesem Wege gefundene Lösungen nachhaltig, da sie eine hohe Akzeptanz genießen. Für den Investor bedeutet dies eine frühere Planungssicherheit und keine Verzögerung des Verfahrens durch nachträgliches Aufbegehren der Öffentlichkeit.

Wenn der Öffentlichkeit in der Mediation eine Stimme verliehen wird, so ist hierin ein Weg zu sehen, Lösungen zu entwickeln, weiterzuentwickeln und voranzutreiben. Hiervon zu unterscheiden sind populistische Stimmungen und organisierte Interessen, die die Verwirklichung eines Projekts blockieren, die verantwortlichen Behörden und Projektentwickler handlungsunfähig machen und letztlich in ihrer teilweise von der Presse verliehenen Übermacht das Ziel verfolgen, die Unmöglichkeit jedweder Planung herbeizuführen. Wenn jedoch allen Stimmen in der Mediation zunächst Raum gegeben wird, besteht die Möglichkeit, destruktive Strömungen als solche zu entlarven. Schnell wird deutlich, wer wirklich ernst zu nehmende Interessen vertritt und wem es nur darum geht, sich zu profilieren und sachwidrig aus politischen Gründen Obstruktion zu betreiben. Auf diese Art und Weise werden Quertreiber entmachtet und eliminiert mit der Folge, dass die verbleibenden gegenläufigen Interessen respektvoll miteinander diskutiert werden können  und in der öffentlichen Wahrnehmung eine Solidarisierung gegen sachfremd argumentierende organisierte Interessengemeinschaften möglich wird.

Abschließend muss festgehalten werden, dass ein Plädoyer für die Mediation in Planungsverfahren selbstverständlich stets von der Prämisse ausgeht, dass der rechtliche Rahmen Beachtung finden muss. Lediglich dort, wo Interessen innerhalb von Gesetzen Berücksichtigung finden können (so bei Ermessensentscheidungen und Entscheidungen, denen eine Abwägung der Behörde vorausgeht), ist Raum für eine Mediation gegeben.

Egal, ob im Rahmen eines planungsrechtlichen Verfahrens eine Mediation bereits vor der öffentlichen Auslegung oder erst danach stattfindet, ist im Hinblick auf die Mediationsvereinbarung, die die Interessenvertreter zum Abschluss der Mediation treffen, zu beachten, dass es an dieser Stelle zu keinen Vorabbindungen kommen darf. Die getroffenen Mediationsvereinbarungen dürfen den sonstigen rechtlichen Anforderungen eines Planungsverfahrens nicht widersprechen.  Eine solche Vereinbarung wäre rechtlich unzulässig, da das Gesetz einen Abwägungsprozeß innerhalb des Planungsverfahrens vorschreibt und nicht innerhalb des Mediationsverfahrens. Dennoch sind die in der Mediation gefundenen Ergebnisse wertvoll, da die Relevanz der betroffenen Interessen deutlich wird.  Die Argumentation der Einwender kann und soll nunmehr in die Abwägung mit einfließen. Wenn die Auseinandersetzung der Behörde mit den Argumenten im anschließenden Genehmigungsbescheid deutlich wird, ist eine Befriedung der gegensätzlichen Positionen zu erwarten .

Mediation mit Vertragspartnern

Nach der Durchführung des Planungsverfahrens bieten die vielen Vertragsbeziehungen zwischen Immobilienunternehmen und Bauausführenden zur Auftragsabwicklung erhebliches Konfliktpotential. Um nicht sofort vor Gericht zu landen, sollte bereits in den Verträgen eine Mediationsklausel vereinbart werden. Darin verpflichten sich die Vertragsparteien, bei Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit dem Vertrag ergeben, ein Mediationsverfahren durchzuführen. Da dieses jederzeit beendet werden kann, ist somit eine streitige Entscheidung vor Gericht dennoch – wenn nötig – jederzeit herbeiführbar.

Mediation auf der Baustelle

Um Konflikte am Bau zu vermeiden, ist die Einrichtung einer Mediationsstelle hilfreich, die schnell auf Konflikte reagieren kann. Diese können sich beispielsweise zwischen den beteiligten Bauunternehmen, zwischen Mitarbeitern am Bau sowie zwischen der Behörde und den Unternehmen ergeben oder auch austechnischen Streitigkeiten. Eine schnelle Lösung vermeidet unvorhergesehene spätere Mehrkosten und einen Baustillstand.

Mediation im Unternehmen

Ein weiteres Feld für Konflikte tut sich unternehmensintern auf. Dort, wo viele Menschen zusammenarbeiten, sind aufgrund der vielfältigen Handlungsmöglichkeiten gegensätzliche Auffassungen und daraus entstehende Konflikte unvermeidbar. Da es in der Mediation vor allem darum geht, zwischenmenschliche Anerkennung, Wertschätzung und Zuneigung zwischen den Mediationsparteien wiederherzustellen, indem jede Partei für die andere Verständnis entwickeln kann, wird die Kooperation der Mitarbeiter gestärkt. Dies gilt sowohl für die Führungsebene sowie auf Mitarbeiterebene und auch zwischen diesen Ebenen.

Fazit:

Die Einsatzmöglichkeiten der Mediation bei der Verwirklichung von Bauprojekten sind vielfältig. Das Mediationsverfahren kann als Baustein im Wertemanagement der Immobilienwirtschaft zum Erfolg der Unternehmen beitragen, da sie die Geschäftsethik im Umgang mit den Behörden, mit den Geschäftspartnern und mit vom Bauprojekt betroffenen Dritten sowie das Sozialverhalten im Unternehmen sicherstellt.

Dr. Ursula Grooterhorst

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