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Was sollte man bei der Vergabe von Spezialtiefbauarbeiten beachten?

Mandantenfrage:

Wir sind ein größeres Ingenieurbüro. Bei Durchführung einzelner Baumaßnahmen sind umfangreiche Spezialtiefbauarbeiten, wie Baugrubensicherungen mit Hilfe von Stahlspundwänden, Wasserhaltungsarbeiten zur Grundwasserabsenkung nach DIN 18305 VOB/C usw. auszuführen. Für diese sehr anspruchsvollen Arbeiten beauftragen wir auch Spezialfirmen. Bei staatlichen und kommunalen Aufträgen gibt ja die öffentliche Hand die Vertragsbedingungen vor, die weiterhin auf der VOB/B basieren. Im Privatbereich wünschen allerdings einzelne  Auftraggeber ausdrücklich, dass wir diese Arbeiten nach dem neuen, seit dem 1. Januar 2018 gültigen BGB ausschreiben. Gibt es hier – in vertragsrechtlicher Hinsicht – irgendwelche Besonderheiten die wir beachten müssen?

Expertenantwort:

Tatsächlich gibt es hier solche Besonderheiten. Es ist nämlich sehr fraglich, ob das neue Bauvertragsrecht nach §§ 650aff BGB für Spezialtiefbauarbeiten überhaupt gilt, wenn diese gesondert ausgeschrieben werden. Nach § 650a Abs. 1 BGB versteht man unter einem Bauvertrag einen „Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon“. Als „Bauwerk“ gilt dabei eine „unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache. Maßgeblich ist, dass mindestens eine enge, auf längere Zeit angelegte Verbindung mit einem Baugrundstück besteht“*(*BGH NJW 1992,1445).
Die von Ihnen genannten Spezialtiefbauarbeiten haben nun die Besonderheit, dass sie nur temporär erforderlich werden, um das eigentliche Bauwerk errichten zu können. Werden sie nicht mehr benötigt, erfolgt der Rückbau oder die „Abschaltung“. Deshalb geht die herrschende Meinung derzeit davon aus, dass „temporäre Bauhilfskonstruktionen im Regelfall keine Bauwerke im Sinne von § 650a Abs. 1 BGB sind“**. Dies hat weitreichende rechtliche Konsequenzen. Weil die Neuregelungen der §§ 650aff hier nicht zur Anwendung kommen, gilt weder das Anordnungsrecht des Bestellers nach § 650b BGB, noch die Vergütungsanpassung nach § 650c BGB oder die Sonderregelung für eine einstweilige Verfügung nach § 650d BGB. Auch die Sicherungsmöglichkeiten für den Bauunternehmer nach §§ 650e und 650f BGB stehen nicht zur Verfügung.

Handlungsempfehlung:

Sollte Ihr Auftraggeber wünschen, dass für die auszuschreibenden Spezialtiefbauarbeiten das neue Bauvertragsrecht zur Anwendung kommen soll, empfiehlt sich, im Bauvertrag ausdrücklich die §§ 650aff BGB als Vertragsgrundlage aufzunehmen.

*BGH NJW 1992,1445
**OLG Hamm Baurecht 2015,1676

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