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Neues BGH-Urteil zur Berechnung von Massenmehrungen

Mandantenfrage:

Wir sind ein größeres Tiefbauunternehmen und haben regelmäßig mit dem Problem zu tun, dass sich bei der Durchführung von Erdarbeiten in einzelnen Positionen gravierende Mengenänderungen gegenüber dem Leistungsverzeichnis ergeben, also die sogenannte 10 %-Grenze der VOB/B deutlich überschritten wird. Dies führt nicht selten zu Abrechnungsstreitigkeiten mit den – meist öffentlichen – Auftraggebern. Nun haben wir gehört, dass die bisher insoweit gültigen Grundsätze zur Neuberechnung von Massenmehrungen über 10 % aufgrund eines neuen BGH-Urteils sich geändert hätten. Ist dies richtig?

Expertenantwort:

Dies ist richtig. Am 8. August 2019-AZ: VII ZR 34/18; Baurechts-Report 9/2019 –) hat der BGH ein Urteil gefällt, das die bisherigen Preisermittlungsgrundsätze für Mengenmehrungen grundlegend ändert. Ein Leitsatz dieser Entscheidung lautet:

„Die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien nach Treu und Glauben ergibt, dass – wenn nichts anderes vereinbart ist – für die Bemessung des neuen Einheitspreises bei Mehrmengen im Sinne von § 2 Abs. 3 Nummer 2 VOB/B die tatsächlich erforderlichen Kosten zuzüglich angemessener Zuschläge maßgeblich sind“. Für die Mehrmengen über 10 % der LV-Position gelten somit nicht mehr – wie bisher – die ursprünglichen Preisermittlungsgrundlagen.

Handlungsempfehlung:

Diese Grundsätze gelten  u.E. „nach beiden Richtungen“, also sowohl bei überhöhten Einheitspreisen als auch bei nicht kostendeckenden Einheitspreisen. Bei Mengenmehrungen von über 10 % in der einzelnen nicht kostendeckenden Position kann nach unserer Wertung der Auftragnehmer grundsätzlich zu einer Preisberechnung zurückkehren, die sich an den tatsächlichen Kosten der Leistung orientiert.

Wir bitten zu beachten, dass mit den vorstehenden Ausführungen nur ein Kurzüberblick über die genannte Entscheidung und ihre Folgen gegeben werden kann. Welche Konsequenzen dies im Einzelfall für einen Bauvertrag hat, muss natürlich einer Einzelprüfung des Bauvertrags vorbehalten bleiben.

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