Mandantenfrage:
Wir sind eine mittelständische Bauunternehmung und derzeit mit der Abwicklung einer größeren Baumaßnahme beschäftigt. Für ein Teilgewerk (Estricharbeiten) haben wir nun die Abnahme beantragt, insbesondere auch deshalb, weil der Auftraggeber für dieses Teilgewerk bereits einen Nachfolgeunternehmer (Fliesenleger) beauftragt hat, der in Kürze beginnen will. Allerdings weigert sich der Auftraggeber für dieses Teilgewerk die Abnahme zu erklären. Er will nur die Gesamtleistung abnehmen. Ist der hierzu berechtigt?
Expertenantwort:
Der uns bisher bekannten Sachverhalt genügt nicht, um Ihre Frage abschließend zu beantworten. Bei einem VOB-Vertrag ist in § 12 Abs. 2 VOB Teil B geregelt, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, eine „in sich abgeschlossene Teilleistung“ abzunehmen. Der BGB-Vertrag kennt keine entsprechende Regelung. Natürlich sind die Vertragsparteien berechtigt, auch im BGB-Vertrag Teilabnahmen zu vereinbaren. Eine solche Vereinbarung kann auch durch entsprechendes Verhalten der Vertragsparteien erfolgen. Nach einer neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs muss dabei „der Wille des Bauherrn zur Teilabnahme wegen ihrer gravierenden Folgen klar zum Ausdruck kommen“. Wenn – wie hier – der Auftraggeber für einen Teilgewerk (Estricharbeiten) einen Nachfolgeunternehmer (Fliesenleger) beauftragt, so lässt sich allein daraus nicht der Wille des Auftraggebers erkennen, dass er hierdurch eine Teilabnahme für die Estricharbeiten erklärt.
Handlungsempfehlung:
Somit ist hier zu prüfen, ob die Vertragsparteien einen VOB-Vertrag oder einen BGB-Vertrag geschlossen haben und ob bei Vorliegen eines BGB-Vertrags Sonderregelungen zur Teilabnahme getroffen wurden. Sollten solche vertraglichen Abreden nicht vorhanden sein, wäre anhand des vorliegenden Sachverhalts zu prüfen, ob ausdrückliche oder schlüssige Erklärungen des Auftraggebers beweisbar sind, die einen Schluss auf den Willen des Auftraggebers zulassen, hier eine Teilabnahme für die Leistung „Estricharbeiten“ zu erklären.