Mandantenfrage:
Wir sind ein größeres Ingenieurbüro und mit der Abwicklung einer schwierigen Baumaßnahme befasst. Wir wissen, dass es bei dieser Baustelle zu Überschneidungen unterschiedlicher Gewerke kommt, die unter anderem Behinderungen verursachen können. Nun hat uns ein Auftragnehmer eine Behinderungsanzeige geschickt, ohne zu präzisieren, wohin die Behinderung besteht. Wir bitten um Mitteilung, welche Anforderungen eigentlich an eine Behinderungsanzeige zu stellen sind.
Expertenantwort:
Das Thema „Behinderungen“ und die hieraus resultierenden Folgen – veränderte Bauzeit, Mehrkosten – besitzen zur Zeit besondere Aktualität, zumal in einzelnen Bereichen Deutschlands die Baukonjunktur überhitzt ist. Von Auftragnehmerseite wird dabei manchmal übersehen, dass die Rechtsprechung inzwischen recht strenge Anforderungen an den Inhalt einer Behinderungsanzeige nach § 6 Abs. 1 VOB/B stellt. So hat beispielsweise das OLG Oldenburg in einem Urteil vom 20.8.2019 – AZ: 2U 81/19 – folgendes ausgeführt:
„Eine Behinderungsanzeige muss alle Tatsachen enthalten, aus denen sich für den Auftraggeber mit hinreichender Klarheit und erschöpfend die dem Auftragnehmer bekannten Hinderungsgründe ergeben. Die Angaben müssen sich darauf erstrecken, ob und wann seine Arbeiten, die nach dem Bauablauf nunmehr ausgeführt werden müssten, nicht oder nicht wie vorgesehen ausgeführt werden können (BGH vom 21.7.1999, AZ: VII ZR 185/98)“.
Handlungsempfehlung:
Der Bundesgerichtshof betont immer wieder die Kooperationspflicht der Beteiligten. Unseres Erachtens empfiehlt sich daher, den Auftragnehmer darauf hinzuweisen, dass die Behinderungsanzeige untauglich ist . Auch muss der Auftraggeber aufgrund der Behinderungsanzeige in der Lage sein, den Verursacher der Behinderung zu ermitteln und deren Kostenfolgen abschätzen zu können. Deshalb verlangt das genannte Urteil des OLG Oldenburg weiterhin, dass mit der Behinderungsanzeige „eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung“ geliefert wird. Der Auftragnehmer muss deshalb in der Behinderungsanzeige für jeden Behinderungstag vortragen, „an welchem Ort und aus welchem Grund das Baufeld konkret eine Einschränkung aufwies, welche an diesem Tag und in welcher Art konkret geplante Arbeiten deswegen nicht oder nur eingeschränkt durchgeführt werden konnten und welche Verzögerungen dies nach sich zog“.