Mandantenfrage:
Vor etwas mehr als fünf Jahren haben wir unser neues Haus errichten lassen. Die Abnahme fand am 20.07.2018 statt. Vertraglich haben wir eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren gemäß BGB vereinbart. Der Architekt hat damals bei der Abnahme in das von uns ebenfalls unterzeichnete Abnahmeprotokoll geschrieben, dass die Verjährungsfrist für Mängel vom 20.07.2018 bis zum 19.07.2023 läuft. Das ist uns aber erst jetzt aufgefallen. Da einige Mängel vom Unternehmer noch immer nicht beseitigt worden sind, hat unser Rechtsanwalt am 20.07.2023 den Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens eingeleitet. Der Unternehmer wendet jetzt ein, alle Ansprüche seien verjährt. Die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens komme zu spät und nutze uns nicht mehr. Trifft das zu?
Expertenantwort:
Wird im Abnahmeprotokoll zur Verjährung etwas anderes angegeben als im Bauvertrag vereinbart, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es sich um eine einvernehmliche Änderung der Verjährungsfrist handelt oder ob ein Redaktionsversehen vorliegt. Vorliegend haben Sie die Verjährungsfrist im Abnahmeprotokoll um einen Tag verkürzt, da diese richtigerweise vom 21.07.2018 bis zum 20.07.2023 gelaufen wäre. Sie haben das Abnahmeprotokoll auch selbst unterschrieben. Häufig wird bei der im Streitfall vom Gericht vorzunehmenden Auslegung dem Inhalt des Abnahmeprotokolls der Vorrang eingeräumt. Dann wäre die Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens um einen Tag zu spät gewesen.
Handlungsempfehlung:
Lassen Sie Ihren Rechtsanwalt bitte prüfen, ob es weitere bzw. andere Indizien (z.B. Schriftverkehr) gibt, die darauf schließen lassen, dass es sich bei den Angaben im Abnahmeprotokoll um ein Schreibversehen o.ä. handelt. Da die Daten im Abnahmeprotokoll aber genau aufgeführt sind und nicht etwa nur das Ende der Gewährleistungsfrist falsch angegeben wurde, sind die Chancen für eine solche Deutung eher gering.
Ihnen bleibt im schlechtesten Fall deshalb nur, darauf zu hoffen, dass der Unternehmer sich kulant zeigt und eine Mängelbeseitigung ganz oder teilweise (dennoch) vornimmt. Dazu wird Sie Ihr Rechtsanwalt beraten, der auch prüfen wird, ob die Verjährung der Mängelansprüche gegebenenfalls bereits vor Einleitung des selbständigen Beweisverfahrens gehemmt wurde (z.B. durch Verhandlungen) oder etwa durch ein Anerkenntnis des Mangels sogar neu zu laufen begonnen hat.
Allgemein gilt, dass in Abnahmeprotokollen keine Verjährungsfristen aufgenommen werden müssen und grundsätzlich auch nicht aufgenommen werden sollten. Die Verjährungsfristen gelten entweder gemäß den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien oder richten sich nach dem Gesetz. Sofern davon nicht abgewichen werden soll, besteht kein Anlass für ein (erneutes) Aufführen im Abnahmeprotokoll.