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Wenn die Ausführungszeiten ohne Verschulden des AN verschoben werden, ist auf die Arbeits- und Produktionsplanung des AN Rücksicht zu nehmen

Mandantenfrage:

Wir liefern und bauen ein Fenster und Elemente, oft für Bauvorhaben, oft als Subunternehmer für Generalübernehmer bzw. Generalunternehmer bzw. Bauträger.

Wenn es zu – teilweise erheblichen – Verschiebungen vereinbarter Fristen und Termine der Bauausführung kommt und deswegen der gesamte Produktions- und Montageablauf völlig umgeworfen wird

(Beispiel: Produktion von x Fenstern für Mai eingeplant und Kapazitäten reserviert; jetzt können die Fenster erst ab Anfang August produziert werden, da sind aber die Kapazitäten schon anderweitig verplant und/oder es ist Urlaubszeit, und die Produktion kann unmöglich in der ursprünglich vorgesehenen Zeit durchgeführt werden),

dann wird uns immer wieder eine Vertragsklausel des Auftraggebers entgegengehalten mit dem Inhalt, dass wir bei Terminsverschiebungen keine längeren Ausführungsfristen beanspruchen können bzw. uns keine längeren Ausführungsfristen gegeben werden.

Müssen wir das akzeptieren, dass wir z.B. bei einer Situation wie oben beschrieben für eine bestimmte Leistung bei einer Terminsverschiebung genauso 4 Wochen Zeit haben wie ursprünglich vorgesehen?

Expertenantwort:

Die von Ihnen beschriebene Klausel ist, wenn sie sinngemäß oder wörtlich vom Auftraggeber gestellt wird, unwirksam.

Sie benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders unangemessen gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB.

Diese Vorschrift findet auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern Anwendung (das ist übrigens eine Besonderheit des deutschen Rechts; im Ausland gibt es keine Inhaltskontrolle von Verträgen zwischen Unternehmen).

Nach dem Inhalt dieser Vorschrift kann es ohne weiteres geschehen, dass der Auftragnehmer erheblichen Verzugsschadensansprüchen ausgesetzt ist, obwohl ihn kein Verschulden trifft:

An der Terminsverschiebung trifft ihn kein Verschulden.

Durch diese Terminsverschiebung gerät er in die Situation, dass er seine Leistung nicht in dem ursprünglich geplanten Zeitraum ausführen kann. Das Problem ist am Bau immer wieder anzutreffen, dass eben der Unternehmer seine eigenen Kapazitäten oder die von Nachunternehmern oder Lieferanten einplanen muss und wenn diese Planung umgeworfen wird, dann kann nicht einfach eine bestimmte Leistung linear um einige Tage oder Wochen oder gar Monate verschoben werden:

Aufgrund von Umständen, welche durch die Verschiebung der Termine auftreten, z.B. keine Kapazitäten mehr frei in der Produktion oder kein Personal eingeplant, weil zu diesem Zeitpunkt bereits eine andere Baustelle vorgesehen ist, kann es geschehen, dass der Unternehmer (wesentlich) mehr Zeit benötigt als dies ursprünglich für seine Leistung vorgesehen war.

Da ihn an der beschriebenen Änderung des Terminplans kein Verschulden trifft, kann er nicht für Probleme, welche aufgrund der beschriebenen Situation auftreten, haftbar gemacht werden („kein Verzug ohne Verschulden“; das gilt auch für andere Schadensersatzansprüche, ob zeitbezogen oder nicht).

Die betreffende Klausel ist also wie gesagt unwirksam; der Auftraggeber kann sich auf diese nicht berufen. Soweit der Unternehmer für die verschobene Leistung einen längeren Zeitbedarf begründen kann, muss ihm dieser gegeben werden.

Handlungsempfehlung:

Während der Bauzeit ist der Auftraggeber auf den Sachverhalt, der sich aus der Verschiebung der Termine ergibt, hinzuweisen. Die Folgen sind zu beschreiben und gegebenenfalls nachzuweisen, auch damit der Auftraggeber informiert ist und seinerseits entsprechend planen kann. Außerdem ist es natürlich wichtig für die Dokumentation des Bauablaufs:

Jede Störung des Bauablaufs ist zu erfassen und in ihren Auswirkungen zu dokumentieren, anders kann z.B. die sogenannte bauablaufbezogene Darstellung nicht hergestellt werden, welche für sämtliche bauzeitbezogene Ansprüche und Einwendungen unabdingbar ist.

Generell gilt der Grundsatz, dass Klarheit und Dokumentation oberstes Gebot bei sämtlicher Kommunikation zwischen Baubeteiligten sein sollte.

Der Unternehmer sollte also nicht schweigen mit der Absicht, sich später, z.B. nach Abnahme und Abrechnung, auf die Unwirksamkeit der Klausel berufen, sondern offen mit diesem Problem umgehen.

Ggf. ist auch eine Kündigung des Vertrages gem. § 648a BGB (unzumutbares Vertragsverhältnis) oder § 6 Abs. 5 VOB/B zu erwägen, das ist aber riskant, da bedarf es konkreter Rechtsberatung zum konkreten Fall.

Ist der Bau bereits abgeschlossen und gegebenenfalls abgenommen, dann muss versucht werden, den Sachverhalt so gut wie möglich aufzubereiten und zu dokumentieren und wenigstens nachträglich die durch die Verschiebung bestimmter Termine und Fristen eingetretene Problematik dargelegt werden, damit eventuellen Verzugsschadensansprüchen oder Vertragsstrafenansprüchen wirkungsvoll entgegengetreten werden kann.

Vor und bei Vertragsschluss sollte der Unternehmer natürlich nicht auf möglicherweise unwirksame Klauseln hinweisen.

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