Problem/Sachverhalt:
Der Auftragnehmer hat sich gegenüber der Auftraggeberin zur schlüsselfertigen Erstellung eines größeren Anwesens verpflichtet. Vereinbart wurde die Geltung der VOB/B. Die Gewährleistungsfrist sollte 5 Jahre betragen.
Kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist werden seitens der Auftraggeberin verschiedene Mängel angezeigt. Die Mängelrüge erfolgt ausschließlich per E-Mail. Nachfolgend wird ein Kostenvorschuss in erheblicher Höhe für die Beseitigung der Mängel geltend gemacht.
Nachdem eine Mängelbeseitigung nicht erfolgt und der Kostenvorschuss nicht gezahlt wird, wird von Seiten der Auftraggeberin zur Durchsetzung der Mängelansprüche Klage eingereicht.
Entscheidung:
Die Klage wird sowohl in erster, als auch in zweiter Instanz abgewiesen.
Das OLG Jena (Urteil vom 26.11.2015 – 1 U 209/15) vertritt die Ansicht, dass der von der Auftraggeberin geltend gemachte Vorschussanspruch bereits verjährt sei.
Eine Verlängerung der Verjährungsfrist durch die Mängelrüge sei nicht eingetreten. Nach den Vorschriften der VOB/B verjähren Mängel, die gerügt werden, in zwei Jahren nach Zugang des schriftlichen Verlangens auf Mängelbeseitigung.
Vorliegend habe die Auftraggeberin aber nicht beweisen können, dass dem Auftragnehmer eine unterschriebene Mängelrüge zugegangen sei. Die E-Mail erfüllt nach Auffassung des Gerichts das Schriftformerfordernis nicht. Es fehle bereits eine eigenhändige Namensunterschrift. Die E-Mail sei nicht unterschrieben worden und habe keine elektronische Signatur und erfülle damit grundsätzlich nicht das für die Mängelrüge vorgesehene Schriftformerfordernis.
Praxishinweis:
Der Fall zeigt, dass eine Mängelanzeige nur per E-Mail erhebliche Risiken birgt. Ein Mängelbeseitigungsverlangen sollte daher grundsätzlich in Schriftform mit Unterschrift des Auftraggebers bzw. des Vertretungsberechtigten oder Bevollmächtigten erfolgen. Außerdem muss der Zugang der Mängelanzeige nachgewiesen werden können.
Für eine wirksame Mängelanzeige bedarf es im Übrigen einer hinreichenden Beschreibung der Mangelerscheinung dem äußeren Erscheinungsbild nach. Dies sollte bei der Formulierung der Mängelanzeige unbedingt berücksichtigt werden.
Auf Grund der weitreichenden rechtlichen Folgen einer fehlerhaften Mängelanzeige ist es daher grundsätzlich ratsam, sich zunächst umfassend anwaltlich beraten zu lassen.
Nicola Schulze
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht