Nach den am 22. Mai 2009 abgeschlossenen Tarifverhandlungen werden die Löhne und Gehälter zum 1. Juni 2009 um 2,3 % und zum 1. April 2010 erneut um 2,3 % erhöht . Für den Monat April 2009 ist keine rückwirkende Lohnerhöhung vorgesehen. Für den Monat Mai 2009 wird eine Einmalzahlung in Höhe von 60 € gewährt. Der Lohntarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten.
Aus bauvertraglicher Sicht stellt sich hier die Frage, ob beziehungsweise wann ein Auftragnehmer die hierdurch bedingten Mehrkosten im Rahmen bereits abgeschlossener Werkverträge weitergeben kann.
Im Werkvertragsrecht gilt das Festpreisprinzip. Grundsätzlich bleiben daher vereinbarte Preise fest, unabhängig davon, ob sich nach Vertragsschluss eventuelle Mehrkosten im Lohn-oder Materialbereich ergeben. Haben die Vertragsparteien keine besonderen Regelungen getroffen, kann daher der Auftragnehmer die durch den bezeichneten Tarifabschluss entstandenen Mehrkosten dem Auftraggeber nicht in Rechnung stellen.
Kommt es allerdings zu Mengenmehrungen, Vertragsänderungen oder Zusatzleistungen, so bestimmt die VOB/B in den §§ 2 Nr. 3, 5 und 6, dass der Auftragnehmer unter den dort genannten Voraussetzungen für solche Leistungen die während der Vertragsabwicklung entstandenen Mehrkosten verrechnen darf.
Beispiel: In einer Position des Leistungsverzeichnisses eines Einheitspreisvertrags ist eine Menge von 100 vereinbart. Während der Vertragsdurchführung zeigt sich, dass die Menge vom ausschreibenden Architekten falsch berechnet wurde.
Tatsächlich kommt eine solche von 200 zur Ausführung. Gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B kann der Auftragnehmer bei Mengenüberschreitungen von mehr als 10 % die nachgewiesenen Mehrkosten verlangen. Wurde daher die zusätzliche Menge von 90 zu einem Zeitpunkt ausgeführt, als die Lohnerhöhung bereits eingetreten war, kann der Auftragnehmer die hierdurch bedingten Mehrkosten fordern.
Bei öffentlichen Aufträgen bestimmt die VOB/A in § 15 dass in einem Bauvertrag eine Lohn – oder Materialpreisgleitklausel zu vereinbaren ist, wenn „wesentliche Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen zu erwarten“ sind. Wurde daher im Werkvertrag eine solche Gleitklausel vorgesehen, gilt das zitierte Festpreisprinzip nicht. Eventuelle Lohnmehrkosten sind in diesem Fall nach den in dieser Gleitklausel vereinbarten Grundsätzen abzurechnen.