Der Fall:
Ende 2004 nehmen mehrere Erwerber mit dem Verwalter das vom Bauträger hergestellte Gemeinschaftseigentum einer Wohnanlage ab. Zwei Jahre danach erwirbt K eine Wohnung vom Bauträger, vereinbart Bauleistungen für das Sondereigentum und eine förmliche Abnahme des Bauwerks; in dem Vertrag heißt es unter anderem: „Die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums ist bereits erfolgt. Der Verkauf gilt nach Maßgabe dieser Abnahme als vereinbart.“ Nach der Übergabe der Wohneinheit tritt K Mängelansprüche an die Wohnungseigentümergemeinschaft ab; diese nimmt den Bauträger aus abgetretenem Recht auf Leistung von Kostenvorschuss zur Beseitigung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum in Anspruch. Der Bauträger wendet im gerichtlichen Verfahren ein, K habe das Gemeinschaftseigentum nicht – wirksam – abgenommen; zudem bestünden vor der Abnahme keine Mängelrechte.
Die Entscheidung:
Der BGH hat diesen Einwand des Bauträgers richtigerweise zurückgewiesen. Denn auf den Kaufvertrag mit Herstellungsverpflichtung des K sei Werkvertragsrecht anwendbar, weil die Erstellungsverpflichtung bezüglich des Sondereigentums dem Vertrag das Gepräge eines Werkvertrags verleihe. Zwar sei die Abnahmeklausel als Allgemeine Geschäftsbedingung wegen einer unzulässigen Verkürzung der Verjährungsfrist von Mängelansprüchen unwirksam; hierauf könne sich der Bauträger als Klauselverwender aber nicht berufen. Es könne also dahinstehen, ob Mängelansprüche generell vor der Abnahme anwendbar sein könnten, obwohl eine Abnahme grundsätzlich den maßgebenden Zeitpunkt fixiert, von dem an ein Besteller Mängelrechte geltend machen kann.
(OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Februar 2015 – Az.: 4 U 114/14; BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 – Az.: VII ZR 49/15)
Anmerkung:
Herr Rechtsanwalt Jörg Diebow, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, weist ausdrücklich darauf hin, dass hat der BGH zwar einmal mehr bestätigt hat, dass „Nachzügler“ nicht an vor dem Eigentumserwerb erfolgte Abnahmen gebunden sind.
Jedoch hat er nicht die noch immer umstrittene Frage geklärt, ob im Werkvertragsrecht schon vor der Abnahme Mängelansprüche geltend gemacht werden können. Wieder hat der BGH darauf hingewiesen, dass der Abnahme für Mängelrechte durchaus eine entscheidende Bedeutung zukomme. Verwundern muss dies deswegen, weil gemäß § 633 Abs. 1 BGB der Werkunternehmer das Werk frei von Mängeln „verschaffen“ muss; gesetzlicher Anknüpfungspunkt ist damit die tatsächliche Einräumung der Verfügungsgewalt über das Werk und nicht dessen Abnahme (Billigung) durch den Auftraggeber.