Bei Bau-Streitigkeiten geht es oft um große Summen, manchmal aber auch (nur) um das „Recht haben wollen“. In beiden Fällen kann es „teuer“ werden, auch wenn ein erfahrener Bau-Spezialist von einer gerichtlichen Auseinandersetzung abraten wird, wenn er keine Erfolgsaussichten erkennen kann. Aber auch eine solche Prüfung kostet Zeit und damit Geld. Häufig steht damit am Anfang einer baujuristischen Prüfung oder Beratung die Frage nach den entstehenden Kosten. Diese ist nicht einfach nur mit dem Blick in das RVG (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz von 2004, Fassung 2016) zu beantworten. Vielmehr kommt es – wie meistens bei Rechtsfragen – darauf an: Wie schwierig ist der Streitstoff, wie umfangreich die zu prüfenden Unterlagen? An welchem Gerichtsort findet ein Prozess statt? Ist eine umfassende und mehrere Termine verursachende Beweisaufnahme (mit Vor-Ort-Termin) zu erwarten? In Bau-Streitigkeiten, zu deren bestmöglicher Lösung immer die Einschaltung von geschulten und erfahrenen sowie spezialisierten Bauanwälten (siehe Stichwort: Bauanwalt / Bauanwältin im Bauwörterbuch) anzuraten ist, wird allenfalls bei niedrigen Streitwerten bis ca. 20.000 € und voraussichtlich zügiger Erledigung die Abrechnung nach den Vorgaben des RVG erfolgen. So entstehen etwa bei einer Instanz vor dem Landgericht bei einer Streitsumme von 20.000 €, wenn eine Beweisaufnahme erforderlich wird, rund 2.250 € eigene Anwaltskosten. Hinzu kommt die Gerichtsgebühr von ca. 1.100 €. Geht der Prozess verloren, entsteht damit ein sog. Prozessrisiko (für die 1. Instanz) von rund 5.600 €, also mehr als 25 % der Streitsumme! Deshalb müssen Baustreitigkeiten exakt und kompetent geprüft und begleitet werden!
Dafür verlangen Bau-Spezialisten im Regelfall Stundenhonorare, seltener eine Pauschalvergütung. Das Honorar wird RVG-konform schriftlich mit dem Mandatsvertrag vereinbart. Der Stundensatz ist dabei frei verhandelbar. Im Regelfall setzen kompetente Anwaltskanzleien in Bausachen jedoch – je nach Reputation des Anwalts/der Anwältin, die das Mandat persönlich betreuen – Beträge ab 200 € / h bis 500 €/h, vereinzelt auch darüber, an. Für „Zuarbeiter“, d.h. jüngere Anwälte, werden ab 150 €/h in Rechnung gestellt.
Selbstverständlich darf das Stundenhonorar nicht mit „Gewinn“ verwechselt werden. Denn mit der Vorhaltung einer Anwaltskanzlei sind sehr hohe Kosten verbunden.
Durch die Vereinbarung von Stundensätzen vermeidet der Anwalt ein „Draufzahl-Geschäft“, das beim Ansatz der RVG-Gebührensätze insbesondere bei Baustreitigkeiten schnell dadurch entstehen kann, dass nicht nur hunderte oder tausende an Unterlagen auszuwerten und im Verfahren einzubringen sind, sondern auch noch eine Vielzahl an Besprechungen, Schriftsatz-Zeiten und Gerichtsterminen im Laufe von oft 5 – 10 Jahren, die durchaus ein Bauprozess andauern kann, absolviert werden müssen.
Auf der anderen Seite darf auch der RVG-Mindestgebühren-Anfall nicht unterschritten werden. D.h., die Untergrenze jeder Vergütung ist aus der RVG-Tabelle anhand des Streitwerts von Anfang an zu bestimmen (dazu dienen die RVG-Rechner, die über das Internet nutzbar sind, aber auch die vom Anwalt vorzunehmende Aufklärung), die letztlich zu zahlende Vergütung bestimmt sich aber anhand der Stunden- und Leistungsaufzeichnungen des Anwalts. Dieser rechnet im Regelfall monatlich ab, so dass (vermeintliche) Unstimmigkeiten sofort ausgeräumt werden können.
Fazit: Wer an der Vergütung für eine kompetente bauanwaltliche Begleitung bei Baurechtsstreitigkeiten sparen will, spart am falschen Fleck. Es gilt hier das „Facharzt-Prinzip“: Je besser der Arzt, um so aussichtsreicher sind die Erfolgschancen!
Prof. Dr. jur. Klaus Englert, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, München
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